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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 112

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
112 Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. mich betrifft, mit dem großen Dichter dem Bundestag zurufen: Einen zu bereichern unter allen müsse deine Götterwelt vergehen." Nachdem der Redner geendet, fragte der Präsident, ob der Antrag Unterstützung finde? Von vielen Seiten rief es: Nein! Von zwanzig Stimmen hätte der Antrag unterstützt sein müssen, um Gegenstand weiterer Verhandlung zu sein. Da sich niemand aus der Versammlung seiner erbarmte, so fiel er von selbst dahin. Wie die Stellung Friedrich Wilhelms Iv. in Deutschland war seit dem unseligen 18. Marz, das zeigte sich noch greller als aus diesem Zwischenfall am Tage darauf, als der Abgeordnete v. Vincke, den wir schon kennen als einen Preußen vom echtesten Schrot und Korn, den Antrag stellte, einen von den Regierungen zu ernennenden Bundesdirektor mit der einstweiligen Reichsgewalt zu betrauen. Er verwahrte sich ausdrücklich gegen den Verdacht, als habe er dabei denselben Gedanken wie der Abgeordnete für Cöslin. Er verkenne die Gewichtigkeit seiner Gründe durchaus nicht, anerkenne sie vielmehr im vollsten Umfang, aber es sei ihm „doch zweifelhaft, ob es der Augenblick überhaupt wäre, jetzt solche Vorschläge zu machen". Er glaube vielmehr ganz im Sinne des Königs von Preußen selbst und seiner verfassungsmäßigen Minister zu handeln, wenn er ausspreche, sie würden nichts gegen die Wahl eines Fürsten ans dem ruhmvollen Hause Österreich einwenden, das ja einen Erzherzog aufweise, der sich nicht bloß die Liebe der Steiermark erworben habe. Deutschland gedenke noch der erhabenen Worte, die er einst bei einem Königsmahl gesprochen habe: „Kein Preußen und kein Österreich, ein einiges freies Deutschland fest wie seine Berge." An diesem angeblichen Trinkspruch, der bekanntlich niemals und nirgends ausgebracht worden ist, erkannte man damals den Erzherzog Johann, auch ohne daß sein Name genannt ward, und es verdient wohl bemerkt zu werden, daß kein Österreicher und kein Süddeutscher, sondern ein Preuße von der Gesinnung eines Vincke diesen Erzherzog mit dieser Begründung zum Reichsverweser vorgeschlagen hat, unter Berufung darauf, daß man in Berlin dagegen nichts werde einzuwenden haben. Die Entscheidung für diese Wahl führte Heinrich von Gagern am 24. Juni herbei, als er, entgegen allen Reden und Wünschen seiner Freunde, die Versammlung bestimmte, diesen Reichsverweser ohne Ausschub selbst zu wählen, statt ihn durch die Regierungen wählen zu lassen. Eben hatte Karl Mathy gesagt, so verzweifelt sei die Lage noch nicht, daß der Versammlung „der kühne Griff nach

2. Deutsches Lese-, Lehr- und Sprachbuch für Schule und Haus - S. 105

1865 - Göttingen : Deuerlich
105 sich in einer leeren Kammer, dicht daneben war die Wohnstube der Hausbewohner; eine Thür, die dort hinein führte, war nicht ver- schlossen, sondern nur leicht angelehnt. Der Dieb wußte wohl, daß die Leute ebenfalls ans den Jahrmarkt gegangen waren, doch dachte er, es könnte vielleicht zufällig jemand in die Stube gekommen sein, legte daher das Ohr an die Thürspalte und horchte. Drinnen hörte er ein Kind laut sprechen, und wie er durchs Schlüsselloch guckte, sah er beim Dämmerschein, daß es ganz allein mit gefalteten Händ- chen in seinem Bettchen saß, — das Kind betete, wie es immer vor dem Schlafengehen that, laut sein Vaterunser. — Schon sann der Mann darüber nach, wie er dennoch seinen Diebstahl am besten ausführen möchte; da hörte er, wie das Kind mit lauter, klarer Stimme die Worte betete:. „Und führe uns nicht in Versuchung!" Das ging dem Manne tief zu Herzen, und fein Gewissen er- wachte. Er fühlte, wie schwer die Sünde fei, die er eben hatte be- gehen wollen. Da falteten sich auch feine Hände, und auch er be- tete inbrünstig für sich: „Führe uns nicht in Versuchung!" und der liebe Gott erhörte ihn. Auf demselben Wege, den er gckom- men, schlich er wieder zurück in fein Kämmerlein. Dort bereuete er von ganzem Herzen fein bisheriges Leben, bat Gott um Verzei- hung und dankte ihm für den Schutz, den er ihm durch den Mund eines frommen Kindes hatte angedeihen lassen. — Cr ist daraus ein arbeitsamer und ordentlicher Mensch geworden. 153. Erlöse uns von dem Uebel. Will mich nun zufrieden geben, feinst erklingen andre Stunden, Fassen mich im stille» Sinn; Und das Herz nimmt andern Lauf; All mein Denken. Sehnen, Streben, Erd und Himmel >st verschwunden, Meine Lieb und auch mein Leben In den felgen Liebe-wunden Geb ich meinem Freunde hin. Löset aller Schmerz sich auf. Als im Jahre 1764 der Kaiser Joseph zu Frankfurt anl Maill mit der goldenen Krone des heiligen römischen Reichs gekröilt wurde, da krönte der ewige Erwähler einen frommen Pfarrer mit einer schönen Dornenkrone, und feill seliges Abscheidcll lebt noch im Ge- dächtniß seiner Gemeinde. Es war der Pfarrer Holzmanll ein gar treuer Hirt seiner Gemeinde gewesen, einem Dorfe in der Nähe von Frankfurt. Mall hatte ihn nicht viel gesehell in der nahen Stadt, nnb nie bei Spiel ulld Tallz, auch nicht einmal inminen jüngeru Jahren, desto mehr aber an den Krankenbctteil seiller Beichtkinder und in den Häusern der Betrübten. Als aber Kaiser Joseph sollte von den Neichsfürsten gewählt und gekröllt werdeil, ein Kaiser, von dem man sich im Reiche gar viel versprach, (denn ein guter Ruf von Eillsicht uild Herrscherlu- gend und Menschenfreundlichkeit war ihm vorausgegangen), und von allen Seiten her die Fernen und Nahen in die Kaiserstadt strömten, und aus dem eigenen Dörflein schier niemand daheim

3. Deutsches Lese-, Lehr- und Sprachbuch für Schule und Haus - S. 314

1865 - Göttingen : Deuerlich
314 die reissende Aar ihr Avasser dahin wälzt, steht das Gemäuer einer alten Burg1, unscheinbar und verwittert. Es ist die Habs- burg, das Stammschloss eines der trefflichsten Fürsten der deut- schen Nation, Rudolfs von Habsburg. Vor noch mehr als 509 Jahren, als Graf .Rudolf jeno Burg bewohnte, da waren im deutschen Lande gar böse Zeiten. Mord wurde auf offener Strasse verübt; vorüberziehende Avanderer wurden beraubt, blühende Städte und Dörfer von bösen Buben und Herren, die von ihren Schlössern herabfielen, eingeäschert; und kein Richter war zu finden, der solchen Greueln gewehrt hätte. Ein jeder suchte daher sich selbst zu helfen, und die Rache war oft noch schrecklicher, als das verübte Verbrechen selbst. Diese böse Zeit, in der nicht das Recht, sondern Gewalt obsiegte, nennt man auch die Zeit des Faustrechts. Solchem Zustande wünschten die deutschen Fürsten ein Ende gesetzt; in Rudolf glaubte man gerade den Mann zu erkennen, dessen das Reich bedurfte, und man hatte sich nicht geirrt. Man erwählte ihn 1273 zum deutschen Kaiser. Rudolf wurde der Wohlthäter seines Volkes. Er wars, der der Zeit dos Faustrechts ein Ende machte und in einem Monate Sechsundsechzig Raub- schlösser zerstörte. Ein zu Rudolfs Zeit lebender Geschichtsschreiber rühmt von ihm: „Er verbreitet Furcht und Schrecken über die ungerechten Grossen und Freude unter dem Volk. Der Landmann nimmt wieder den Pflug zur Hand, der lange Zeit ungenützt im Winkel la^. Der Kaufmann, der aus Furcht vor Räubern zu Hause blieb, durchreist jetzt das Land mit grösster Sicherheit , und die Räuber und Bösewichte, die vorher ungescheut umher schwärm- ten, suchen sich in wüsten Gegenden zu verbergen.“ — Rudolf hielt so sehr auf Treue und Manneswort, dass es sprichwörtlich geworden, und man von einem, der sein Wort brach, noch lange zu sagen pflegte: „Der hat Rudolfs Redlichkeit nicht.“ 5. Die Femgerichte. Im Mittelalter bestanden durch ganz Deutschland furchtbare, heimliche Gerichte, die grobe Verbrecher aller Art vor ihren Richterstuhl zogen und, wenn sie sich nicht genügend rechtfertigen konnten, mit dem Tode bestraften. Es war gefährlich, sich vor ihnen zu stellen, und noch gefährlicher, sich auf ihre Vorladung nicht einzufinden. Ihren ersten und vornehmsten Sitz hatten sie in Westfalen, darum hiessen sie auch die westfälischen Freigerichte; den Namen Femgerichte hatten sie aber von dem altdeutschen Worte verfemen, das so viel heisst als verbannen, verfluchen. Jedes solches Gericht bestand aus einem Freigrafen und ei- ner Anzahl Freischöppen oder Beisitzer, die man auch Wissende nannte, weil sie um die Geheimnisse der heiligen Feme wussten. Solcher Beisitzer mussten wenigstens 14 sein; gemeiniglich wa- ren deren aber viel mehr. Man rechnet, dass in ganz Deutsch-

4. Im alten Reich - S. 101

1914 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 101 - und Beil, der Mutter einen Fuchspelz, den hatte er einem Priester abgenommen, seiner Schwester seidene Bänder und goldige Tressen, die hatte er einem Kaufmann geraubt. Er prahlte, was er noch alles für Kämpfe vor hätte, denn allerlei Leute hätten ihn schwer beleidigt, das müßte er rächen. „Ein reicher Mann ist über die Saat meines Ritters geritten, dem muß ich dafür seine Kühe, Schafe und Schweine abnehmen. Ein anderer hat zu seinem Schmalzkuchen noch Brot gegessen, das muß gerochen werden. Ein dritter hat den Schaum ungeschickt vom Bier geblasen, dafür muß er büßen, damit ich mir einen guten Weihnachts--anzug besorgen kann." So prahlte er noch weiter. Sein Vater fragte ihn, wie denn seine Gesellen hießen, von denen er soviel schwatzte, die andern Knappen seines Ritters. Da sprach er: „Sie heißen Lämmerschling und Schluckten* Widder, Äöllensack und Rüttelschrein, Kühfraß, Knickekelch und Wolfsgaumen, Wolfsrüssel und Wolfsdarm." Sein Vater fragte: „Wie nennen sie denn dich ?" Da sagte er: „3ch bin genannt Schlingdengau, bin nicht die Freude der Bauern, ihre Kinder müssen Wasserbrei essen, was den Bauern gehört, nehme ich mir, dem einen drücke ich das Auge aus, dem andern haue ich in den Rücken, den binde ich in den Ameisenhaufen, den hänge ich bei seinen Beinen an die Weide." Der Vater hat ihn gewarnt, ihn gebeten, aber es half nichts. Zuletzt hat er ihn zumäause hinausgeworfen.—So trieben es dieritter damals zutausenden, und gerade die, die früher Bauern gewesen waren, sollten die schlimmsten Land-placker sein. Da sieht man, wie furchtbar es einem Lande geht, wenn kein starker Äerr da ist und keine starke Regierung mit soviel Geld und Soldaten und Polizisten, daß sie Gericht halten und für Ruhe sorgen und den Schwachen gegen den Starken schützen kann. Von zwei Seiten ist es endlich versucht worden, Ordnung zu schaffen. Auf der einen Seite stand der Kaiser, den die Fürsten zuletzt doch wählten, auf der anderen die Städte, die dann angefangen haben, sich selbst zu helfen. Rudolfs Glück und Taten. Es war im Jahre 1273, da hatte der Papst endlich selbst von den Fürsten verlangt, sie sollten einen Kaiser wählen. Die Fürsten wollten das auch wohl, und daß er die freien Ritter und Grafen kurz hielt, das war ihnen schon recht, er sollte nur nicht so mächtig sein, daß er ihnen selber aufsitzen konnte. Da trat Friedrich vonäohenzollernauf, der Burggraf von Nürnberg, der sagte: „Mir scheint keiner besser für den Kaiserthron zu passen als der Graf Rudolf von Äabsburg. Er ist ein zäher und fester Mann, kriegerisch und klug, er wird

5. Im alten Reich - S. 102

1914 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 102 - Ordnung schaffen und wird sich doch nicht zu hoch erheben können, denn er ist von Lause arm und hat dazu noch sechs Töchter und vier Söhne." „Ja," sagte der Erzbischof von Mainz zu den Bischöfen, „den wollen wir nehmen. Er hat Ehrfurcht vor der Kirche. Er hat mich einmal auf einer Wallfahrt nach Rom geleitet, und da hat er sich so höflich und fromm gegen mich betragen, der wird den Bischöfen gut tun." Nun war dieser Graf wirklich arm und kriegerisch und klug, aber seine Frömmigkeit war auch mehr Klugheit. Er war 7 Fuß groß, mit schmalem Gesicht, schmalen, langen Länden und Füßen, einer mächtigen Labichtsnase und dünnem, spärlichem Laar. Er war ein elsässischcr Graf, war Befehlshaber der Stadt Straßburg gewesen, und weil er selber nicht viel hatte, hatte er mit und ohne Grund seinen Nachbarn zu nehmen und zu rauben gesucht, was er nur konnte. And er hatte in allem Glück und hatte schon viel Land und Burgen erbeutet. Von dem Bischof von Basel hatte er Jahr für Jahr schweres Geld erpreßt, um eine Streitsache, die sie miteinander hatten. Jedes Jahr gab ihm der Bischof das Geld, und dann hielt der Graf von Labsburg Frieden; aber im nächsten Jahr fing er den Streit von vorn an. Zuletzt war der Bischof ganz verzweifelt; er weigerte sich, das Geld zu geben und ließ sich lieber in seiner Stadt von dem Grafen belagern. Rudolf war gerade über der Belagerung von Basel, da kamen Boten und brachten ihm die Nachricht, daß er König geworden sei. Als das der Bischof von Basel hörte, jammerte er und sagte: „Diesem Rudolf glückt alles. Es ist nur gut, daß die Menschen nicht auf Gottes Stuhl kommen können, sonst würde er der liebe Gott werden." Dies Glück hat ihn nun auch in seiner Regierungszeit begleitet, und er hat den Grund gelegt zu der Macht des Lauses Labsburg, das noch jetzt auf dem österreichischen Kaiserthron sitzt. Ein einziger von den großen Fürsten war nicht bei der Kaiserwahl zugegen gewesen, wollte auch seine Stimme Rudolf nicht geben, das war der König Ottokar von Böhmen. Dieser war aber der mächtigste von allen und besaß außer Böhmen noch Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain. Er hatte viele Adlige im Land, die waren ihm aufsässig und schickten Nachricht zu Rudolf, er möchte das Land einnehmen. Da warb der König Rudolf viele Ritter zum Zuge nach Böhmen; zwar hatte er nur wenig Geld, aber er glaubte, er würde auf dem Zuge schon gewinnen, daß alle ihr Teil kriegen könnten, und die Ritter glaubten das auch. Als Ottokar davon hörte und vernahm, daß seine Lauptstadt Wien schon dem König die Tore geöffnet hatte, da unter-

6. Im alten Reich - S. 104

1914 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
- 104 - Labsburg einmal das mächtigste im Reich wurde. Das war ihm auch die Laupt-sache. Über das ganze Reich als König zu herrschen, hat er kaum versucht; erst recht war ihm einerlei, ob er zum Kaiser in Rom gekrönt würde. Er hat zwar dem Papst versprochen, nach Rom zu kommen, aber er wußte recht gut, daß das eine gefährliche Geschichte war, und so hat er sein Versprechen nie gehalten. Wohl hat er in einigen Gegenden des Deutschen Reichs versucht, den Raubrittern zu wehren, so hat er in Franken und Schwaben 70 Raubburgen zerstört, und in den letzten beiden Jahren seines Lebens hat er auch in Thüringen damit angefangen. Er behandelte diese Patrone richtig wie Diebe und Mörder und ließ 29 Raubritter kurzweg aufhängen. Das war doch etwas. Rudolf von Labsburg. und die Bürger und Bauern haben es ihm gedankt, wie einst dem König Äeinrich Iv., und es kam dem Volk vor, als wenn doch wieder ein Richter auf Erden wäre. Das war nun freilich noch lange nicht der Fall, um die meisten Teile des deutschen Landes hat er sich überhaupt nicht gekümmert, und daß es noch nördlich von Thüringen, in Sachsen und Brandenburg, Hannover, Mecklenburg und Pommern deutsche Länder gab, die teilweise eben erst durch die mühselige Arbeit Leinrichs des Löwen und Albrechts des Bären deutsch geworden waren, das wußte Rudolf von Äabsburg kaum. Ebenso hat er in den weiten Landstrecken zwischen Rhein und Elbe kaum etwas zu sagen gehabt. Als er 1291 starb, war das ganze Deutsche Reich noch immer in großer Unruhe.

7. Im alten Reich - S. 103

1914 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
- 103 — warf er sich. Mit vielen Rittern und Rossen, reich geschmückt mit goldenem Gewand und Edelsteinen, ritt er in Rudolfs Lager. Als das die Äofleute des Königs Rudolf merkten, sprachen sie: „Äerr, rüstet Euch mit königlichem Gewand, wie einem König ziemt." Da sprach der König: „Der Böhmenkönig hat oft mein graues Kleid verspottet, jetzt soll mein graues Kleid ihn verspotten." Da kam der König von Böhmen im goldenen Gewände, glänzend in Königspracht, fiel dein deutschen König zu Füßen und bettelte demütig um Verleihung seines Königreiches als Lehen. Da bewilligte ihm der deutsche König sein Lehen und nannte ihn seinen Freund. Und als er das tat, trug er eine graue Jacke, sah gemeinbürgerlich aus und saß auf einem Dreibein. — Aber nach wenigen Wochen empörte sich Ottokar von neuem. Er hatte sehr viel Geld aus den Silberbergwerken in Böhmen, in Joachimsthal, wo der Taler zu Äause ist, und sonstwo, und schickte von diesem Geld in alle deutschen Lande und versprach noch mehr, wenn die Fürsten Rudolf im Stiche ließen. And richtig fand der König Rudolf wenige Ritter, die ihm halfen. Da schickten die Leute von Wien zu ihm, die ihm zuerst so schnell ihre Tore geöffnet hatten, und ließen ihm sagen: „Äerr, deine Getreuen haben dich verlassen, so erlaube uns, daß wir uns selber einen Äerrn wählen, damit wir nicht mit dir umkommen." Da bat sie der König flehentlich und sagte: „Wartet nur noch kurze Zeit, damit ich sehen kann, was sich tun läßt." Endlich kamen ihm 300 Ritter aus Elsaß und Schwaben zu Äilfe, und mit diesen hat er in einer heißen Schlacht auf dem Marchfelde bei Wien 1278 den König von Böhmen geschlagen. Ein Dienstmann fing den König Ottokar und wollte ihn in Gewahrsam führen. Da sah ihn ein Ritter, dem hatte Ottokar seinen Bruder getötet, der zog sein Schwert und schlug ihm einen Äieb durch das Gesicht, und ein anderer durchbohrte ihm den Leib, daß er starb. Fast wäre auch Rudolf in dieser Schlacht umgekommen, denn sein Roß war unter ihm erstochen, und er lag hilflos und hatte seinen Schild über sich gelegt, damit er nicht von den Pferden zerstampft würde. Endlich fanden ihn einige von seinen Leuten, hoben ihn auf ein lediges Roß, ein 5b auf lein von 50 Rittern sammelte sich um ihn und verhelf ihm zum Sieg. Jetzt war der König Herrscher in Deutschland. Er gab Österreich, Steiermark und Krain seinem Sohn Albrecht, Böhmen ließ er dem Nachfolger Ottokars, aber seine eine Tochter verheiratete er mit dem König von Böhmen, und so brachte er durch kluge Äeirat auch manche andere Länder an seinäaus. So hat er es durch seine klugen Äändel wirklich fertig gebracht, daß das Laus

8. Im alten Reich - S. 172

1914 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 172 einen Vertrag abgeschlossen, darin verabredeten sie: wenn einmal die Lohenzollern in Brandenburg aussterben, dann sollen alle brandenburgischen Landschaften, die demkönig von Böhmen lehnspflichtig sind, und das war eine ganze Masse, dem Lerzog von Liegnitz zufallen (denn der war ebenfalls demkönig von Böhmen lehnspflichtig). Wenn aber die Schlesier aussterben, dann soll Schlesien an Brandenburg fallen. Das durfte der Lerzog von Liegnitz so verabreden, denn der König von Böhmen hatte ihm dazu ganz ausdrücklich das Recht!gegeben. Später aber, als Kaiser Karls V. Bruder, Ferdinand von Labsburg, König von Böhmen wurde, erklärte er, der Vertrag gelte nicht, und der König von Böhmen könnte Schlesien, wenn die Liegnitzer ausstürben, einfach für sich behalten. Das hat natürlich der Kurfürst von Brandenburg nie zugegeben, und später hat Friedrich der Große die schlesischen Kriege geführt, um dies schöne Land, das die Labsburger den Lohenzollern weggenommen hatten, mit dem Schwert zu erobern. Er hat's ja auch gekriegt. Das zweite Land aber, worauf der Kurfürst Joachim Ii. sich ein Recht erworben hat, war das Herzogtum Preußen. Dort oben im Osten, wo die Brüder vom Deutschen Lause seit der Zeit Kaiser Friedrichs Ii. von Lohenstaufen ein großes Ordensland gegründet hatten, war aus diesem Lande ein Lerzogtum geworden. Denn der letzte Ordensmeister, Albrecht von Brandenburg, war zum evangelischen Glauben übergetreten und auf Luthers Rat 1525 ein weltlicher Lerzog geworden. Der Lehnsherr dieses Lerzogtums war nun der König von Polen, und zum Deutschen Reiche gehörte das Land nicht mehr. Nun hatte Joachim Ii. eine polnische Prinzessin zur Frau, und so hat er vom König von Polen die Gunst erlangt, daß er schon neben dem Lerzog von Preußen mit dem Lerzogtum mitbelehnt wurde. Die Deutschherren hatten doch einen weißen Ordensmantel gehabt mit einem schwarzen Kreuz, der Lerzog von Preußen hatte deswegen die schwarzweißen Farben behalten und auf seinem Banner einen schwarzen Adler im weißen Feld. Dieses Banner und diese Farben durfte in Zukunft auch der Kurfürst von Brandenburg tragen und durfte sich Lerzog von Preußen nennen, und wenn die Lerzöge von Preußen einmal ausstürben, sollte das Lerzogtum an den Kurfürsten von Brandenburg fallen. Das ist denn auch schon nach fünfzig Jahren geschehen. Da regierte der Kurfürst Johann Sigismund von 1608—1619, und als unter seiner Regierung der letzte Lerzog von Preußen starb, wurde er wirklich selber Lerzog. Der deutsche Kaiser hatte in diesem Lande nichts zu sagen, denn Lehnsherr war der König von Polen. Weil aber Johann Sigismund auch mit der Tochter

9. Im alten Reich - S. 232

1914 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
232 — die Dragoner haben beinahe Znsanterieunisorm, nur ist ihr Waffenrock hellblau, und die Mütze hat keinen Schirm, und sie haben natürlich die Reiter-stiefel und Reiterwaffen. Damals aber waren die Dragoner, was jetzt die Kürassiere sind. Der beste Dragoneroberst war der Oberst von Seydlitz, und auch der ist später General geworden. Seydlitz und Siefen waren die beiden berühmtesten Reitergenerale, die der König hatte. Dazu hatte der König auch noch eine tüchtige Artillerie, und den Oberbefehl über alles führte er immer selbst. Der erste und zweite schlesische Krieg. Die Kriege nun, die der König zu führen hatte, gingen gegen Österreich. Da war der Erzherzog gestorben, der auch König von Böhmen und von Angarn war. Er war aber auch Kaiser von Deutschland gewesen. Der hatte nun keine Söhne, und so konnte auch kein Sohn von ihm Deutscher Kaiser werden. Er wollte aber, seine Tochter Maria Theresia sollte in Österreich und Böhmen und Angarn die Regierung bekommen, und ihr Mann, der sein Schwiegersohn war und Franz hieß, sollte Deutscher Kaiser werden. Als aber der Kaiser starb, wählten andere Fürsten einen andern Kaiser, nämlich den Kurfürsten Karl von Bayern, der wollte auch Österreich erben, weil er auch Maria Theresias Vetter war, und er war doch ein Mann, und Maria Theresia war eine Frau. And es war sonst in Österreich nicht Mode gewesen, daß auch Frauen regierten. Nun hätte der König von Preußen schon lange die schöne Provinz Schlesien erben müssen, das ist das schöne Land mit dem Riesengebirge, wo Rübezahl wohnt und wo an der Oder die große schöne Stadt Breslau liegt. Die hatte der Kaiser dem König von Preußen nicht gelassen, sondern hatte sie für sich leibst genommen und zu Österreich geschlagen. Als nun der König von Preußen hörte, daß der Kaiser gestorben war und Maria Theresia wollte Österreich erben, da war er gerade in Rheinsberg und lag krank am Fieber. Aber sowie er die Botschaft bekam, merkte er, daß er jetzt Schlesien bekommen könnte. Er wollte nämlich zu ihr sagen: „Gnädige Frau, wollen Sie mir jetzt Schlesien geben, so will ich Ihnen beistehn; wollen Sie es aber nicht, so werde ich dem Kurfürsten Karl von Bayern helfen, daß er Kaiser wird, und auch die österreichischen Länder bekommt. Denn das Anrecht mit Schlesien will ich mir jetzt nicht mehr gefallen lassen." Er warf also, fieberkrank wie er war, sein Bett und seine Decke weg und wollte gleich nach Berlin fahren und vielleicht gleich mit seinen Soldaten nach Schlesien ziehn. „Aber Majestät", sagte der Doktor,

10. Erziehender Geschichtsunterricht - S. 294

1912 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
- 294 Kinder waren da aufgewachsen und hatten alle die Khe und Pferde auf-gefttert, die es auf dem Gut gab, und kannten den ganzen Kreis, und mit den Kindern der Lehnsleute und Grundherren waren sie seit Kindes-beuten bekannt und hatten sich oft besucht. Da dachte natrlich der ganze Gau: Ach wenn doch jetzt unser junger Graf hier Graf wrde, der wei doch nun schon mit allem so gut Bescheid." Und die Witwe dachte: Ach wenn doch der König meinen Sohn hier zum Grafen machen wollte, da wir auf unserem Hof und in unserem Haus und Garten und Wald und Feld bleiben knnen. Wo sollen wir denn sonst hin?" Und so bat sie den König, und der mochte es natrlich auch nicht gerne abschlagen, hatte es auch wohl schou dem alteu Grafen bei Lebzeiten versprochen. Auf diese Weise also fing die Sitte an, da die Grafschaft nicht mehr blo ein Amt war, wofr der König jedesmal den Tchtigsten und Trenesten aus-suchte, sondern da sich das Amt mit all dem Land, was dazu gehrte, und den Leuten, die auf dem Lande saen, vererbte. Und die Grafen wuten es bald nicht mehr anders, als da das Land ihnen gehrte. Alle Lehen sollten erblich sein, und nur wenn so ein Lehnsmann oder Vasall ohne Kinder starb, nur dann sollte der König das Recht haben, das Lehen neu zu vergeben. Allenfalls auch, wenn er dem König die Treue fach und dem König, wenn der den Reichskrieg ansagte und den Heerbann aufbot, die Heeresfolge nicht leistete. Aber da einer wegen Untchtigkeit oder Ungerechtigkeit abgesetzt werden konnte, das gab es bald garnicht mehr. Und wo nun ein solcher Graf, der seinen Gau schon vom Vater und Grovater geerbt hatte, auch noch ein groer Kriegsmann war und seine Landsleute im Krieg anfhrte, da war er bald in feiner ganzen Gegend bekannter als der König selbst, und seine Landsleute gehorchten ihm wieder, wie sie in alten Zeiten ihrem Herzog gehorcht hatten. Aber das war nun ganz schlimm fr das Knigreich, namentlich seit die Könige nicht mehr wie Karl der Groe im ganzen Lande herumreisten und alle Kriege selber fhrten, sondern den einzelnen Stmmen es berlieen, ob sie sich selber helfen wollten. Denkt mal, wenn unserem Oberprsidenten in unsrer Provinz nun die halbe Provinz zu eigen gehrte, und die Sol-dateu zgen ihm zu, und wenn die Feinde hier der die Grenze kmen, dann kme nicht der König zu Hilfe, sondern der Oberprsident mit seinen Truppen mte sich selber helfen. Wo sollte denn da noch der König seine Macht hernehmen? Er htte ja bald berhaupt keine Macht mehr. Das Land wre verteilt unter alle die Oberprsidenten, und der König se in der Luft. So war es hundert Jahre nach dem Tode Karls des Groen. Das Land war verteilt unter die Herzge, und der König schwebte darber
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